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Beim 9. Sozialgipfel im Thüringer Landtag, veranstaltet vom VdK Hessen-Thüringen, des Paritätischen Thüringen, des DGB, des BRH, des LSR und der LIGA Thüringen – wurde die Lage, die Perspektiven und Sorgen der in Armut lebenden und armutsgefährdeten Menschen aufgezeigt.
Prof. Dr. Marcel Helbig (WZB Berlin) ging auf den Zusammenhang von Armut, Alter und politischer Präferenzen ein und die Auswirkungen dieses Zusammenhangs auf z.B. die Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag ein. Ebenso zeigt er anschaulich, welche Auswirkungen Armut auf Bildungschancen hat, wie Corona und Lehrermangel vor allem ärmere Menschen trifft. Zusammenfassend stellte Helbig fest, dass Armutsbekämpfung eine der größten Aufgaben bleibt, auch wenn politische Reformen (Mindestlohn) schon Wirkung gezeigt haben. Weiterhin forderte er, dass der demographische Wandel stärker gestaltet werden muss.
Dr. Joachim Rock (Paritätischer Gesamtverband) ging besonders auf die Altersarmut ein. U.a. stellte er Optionen zur Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung vor: Einführung einer steuerfinanzierten Mindestrente in der Gesetzlichen Rentenversicherung, die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung für alle Beschäftigten sowie mehr Umverteilung in der Rentenversicherung durch Einbeziehung weiterer Einkommensarten und Deckelung der Leistungsansprüche.
Die veranstaltenden Sozialverbände stellten ihre Forderungen zur Bekämpfung von Armut vor.
Es braucht bundesweite und für Thüringen eine barrierefreie Übersicht über Familienleistungen.
Die Zugänge zu monetären Familienleistungen müssen allen Familien niedrigschwellig zur Verfügung stehen!
Präventive Maßnahmen zur Senkung des Armutsrisikos – Forderung nach einer umfassenden Landesstrategie!
Sicherstellung und Weiterentwicklung von Infrastruktur, wie die Ganztagsbetreuung in Grundschulen unabhängig von Beschäftigung der Eltern oder Kitasozialarbeit.
Alle Kinder sind mit einer Kindergrundsicherung in Höhe von 628 Euro monatlich abzusichern (sächliche Existenzminimum 408 Euro und sämtliche Leistung für Bildung und Betreuung 220 Euro).
Keine Kürzungen bei Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen – Menschen vor Ort muss in solch schwierigen Situationen eine verlässliche Anlaufstelle gegeben sein.
Inflation und steigende Energiekosten müssen auch in den Diensten und Einrichtungen berücksichtigt werden, diese dürfen nicht zulasten der Leistungsberichtigten gehen
Armut - als komplexes Phänomen betrachten der Teilhabe, Zeit etc. – der Fokus darf nicht nur auf dem Fiskalischen liegen
Der pflegebedürftige Mensch muss mit seiner Würde, seiner Entwicklungspotentiale, seiner individuellen Lebensansprüche in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Landesregierung muss sich im Bundesrat für eine Reform des Pflegesystems und des Pflegeversicherungsgesetzes einsetzen, die Armut vermeidet und ein humanes Leben und eine humane Pflege am Lebensende zulässt.
Das Land Thüringen muss eine Landespflegepolitik formuliert, in der Ziele sowie die Verantwortung des Landes für eine humane Pflege formuliert sind. Es müssen Leitziele formuliert werden. Es soll eine Landespflegekonferenz, in der Akteure in der Pflege, Dienstleister, Pflegekassen, Kommunen, zivilgesellschaftliche Akteure und Interessenverbände der Pflege Leitziele einer Pflegepolitik formulieren, eingerichtet werden.
Subsidiären Impulse in der Pflege müssen gestärkt werden
Die Interessenvertretungen von pflegebedürftigen Menschen müssen gestärkt werden. Sie müssen in allen Pflegethemen betreffenden Gremien mitwirken.
Minijobs müssen umgewandelt werden in reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Die sachgrundlose zeitliche Befristung von Arbeitsverträgen, die vor allem die junge Generation betrifft, gehört – auch aus Aspekten der Fachkräftesicherung – abgeschafft.
Der Niedriglohnsumpf muss endlich trockengelegt werden, Arbeit muss vor Armut schützen.
Es muss zukünftig möglich sein, Unternehmen im Sinne einer gelebten Sozialpartnerschaft, stärker in die Tarifbindung zu zwingen.
Der andauernde Rückzug der Arbeitgeber aus den Flächentarifverträgen und der Tarifbindung steht einer neuen Ordnung am Arbeitsmarkt diametral entgegen. Deswegen muss hier als allererstes angesetzt werden, indem den Arbeitgebern die Möglichkeit zu sogenannten „OT-Mitgliedschaften“ verboten wird.
Der BRH warf nochmal einen Blick auf aus seiner Sicht ungelöste Probleme, wie z.B. die Bürgerversicherung, die Doppelbesteuerung der Renten, den fehlenden Pandemieplan, die Energiekrise durch den Ukrainekrieg, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Krieges und die Gefahr sozialer Unruhen.
Bei der anschließenden Diskussion mit den Vertretern der Fraktionen der Linke, CDU, SPD und Grünen herrschte zumindest Einigkeit darüber, dass Armut bekämpft werden müsse. Die Vorschläge reichten von kostenlosem Schul/Kita-Essen bis zur Stärkung der Wirtschaft. Streitpunkt war natürlich auch die aktuelle Haushaltssituation mit der globalen Minderausgabe. Wichtig war die Erkenntnis, dass Geld nicht das Hauptproblem ist, sondern strukturelle Probleme wie Lehrermangel oder Bürokratie der Armutsbekämpfung im Weg stehen.
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