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Nicht nur potenziell wertvoll: Expertenbericht fordert mehr Verständnis für nicht formale Bildung

Ein wenig bissig beginnt der Bericht der Expertengruppe, die sich mit dem Wert nicht formaler Bildung beschäftigt hat. Zwar gebe es eine Menge Wissen über Umfang und Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit in Europa, heißt es dort, aber nur wenig dazu, wie sie zu lösen sei.

Mit diesem Anspruch hat eine von der Kommission eingesetzte Expertengruppe den sozio-ökonomischen Kontext, die Politik und die einschlägige Forschungsliteratur durchforstet. Die Gruppe sollte untersuchen, wie nicht formale Bildung und speziell Jugendarbeit die kreativen und innovativen Potenziale junger Menschen und damit deren Beschäftigungsfähigkeit fördern kann. Demgegenüber stellt der Bericht "Developing the creative and innovative potential of young people through non-formal learning in ways that are relevant to employability" gleich zu Beginn klar, dass „es wichtig sei im Sinn zu behalten, dass junge Leute mehr sind als potenzielle Arbeitskräfte und dass sie nicht nur im Kontext ihrer Arbeitsmarktsituation wahrgenommen werden dürfen“. Ein zentrales Credo lautet denn auch, dass „es nicht der Sinn von Jugendarbeit ist, Jobs zu schaffen, sondern Engagement“.

Die Arbeitsgruppe stellt klar, dass nicht formale Bildung (non formal education) Beschäftigungsfähigkeit fördert, „weil sie Entwicklung fördert, indem sie hilft, das Potenzial, die Kreativität, Fertigkeiten, Haltungen und Werte junger Menschen zu formen“. Damit habe sie einen Wert, der mittlerweile zwar auf allen politischen Ebenen anerkannt, „aber weitestgehend nicht verstanden wird und deswegen auf der Prioritätenliste von Fördermöglichkeiten ziemlich weit unten landet“. 

Die Expertinnen und Experten schlagen als Gegenmittel vor, „dringend die innovativen und kreativen Potenziale junger Menschen durch nicht formale Bildung zu verbessern und dafür systematische, nachhaltige und konzertierte Aktionen in vier Bereichen durchzuführen.“ Die vier Bereiche sind:

  • Qualifizierung des Personals in der Jugendarbeit und nicht formalen Jugendbildung,
  • Qualitätsmaßnahmen in der nicht formalen Bildung und Jugendarbeit,
  • Anerkennung nicht formaler Bildung durch den formalen Bildungsbereich und die Wirtschaft,
  • Partnerschaften zwischen diesen Bereichen.

Im Einzelnen empfiehlt die Expertengruppe…

  • …Arbeitgebern und Akteuren in der Bildungsszene “nicht formale Bildung” zu erklären. Wichtig sei dabei zu verdeutlichen, dass sich die Bandbreite der Kompetenzen, die in nicht formaler Bildung gefördert würden, nicht auf die so genannten „Soft Skills“ beschränkt und wie sie zu Innovationsfreude und Kreativität junger Menschen beitragen.
  • …die Validierung der in nicht formalen Bildungsprozessen gezeigten Kompetenzen voranzutreiben. Die Bildungserfolge müssten in eine Sprache übersetzt werden, die von anderen Bildungsbereichen und Arbeitgebern verstanden wird, möglichst mit Bezug auf den Europäischen Qualifikationsrahmen, raten die Experten.
  • …die Qualifikation der Akteure im nicht formalen Bereich zu erhöhen, vor allem solcher, die mit benachteiligten oder schwer erreichbaren jungen Menschen arbeiten. Dafür seien Trainings und eine kontinuierliche Entwicklung der Profession notwendig.
  • …dafür zu sorgen, dass alle jungen Menschen in ihrer Bildungslaufbahn „Unternehmererfahrungen“ machen. Auch die Jugendarbeit solle einen stärkeren Fokus auf die Förderung von „Entrepreneurship“ legen, auch, indem sie stärker mit dem Berufsbereich vor Ort zusammenabreitet.
  • …Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Sektors zusammenzubringen, um ihnen den Wert nicht formaler Bildung nahzubringen. Durch gemeinsame bzw. abgestimmte Aktivitäten könnten so vor allem auf der lokalen, kommunalen und regionalen Ebene benachteiligte und nicht ausgebildete junge Menschen am besten erreicht werden.
  • …mehr Forschung zur Wirkung nicht formaler Bildung anzuregen. Diese sollte in alle Sprachenübersetzt werden, damit sie eine stärkere Verbreitung finden.
  • …die Strukturfondsmittel stärker für Jugendbelange einzusetzen. Leistungen der Jugend(sozial)arbeit seien ein essentieller Teil des Übergangsmanagements, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen allein reichten nicht, so die Expertinnen und Experten.

All das benötigt eine öffentliche Diskussion, finanzielle Förderung technische Unterstützung, Trainingsmaterialien, Netzwerke und Datenpools – große Pläne, die die Expertengruppe auch weiterhin unterstützen will. So bieten ihre Mitglieder an, für die weiteren Überlegungen mit anderen Gruppen und Vertretern zusammenzuarbeiten. Und der Kommission schlagen sie vor, ein großes, sektorübergreifendes Stakeholder-Seminar zu veranstalten, das als Muster für die Mitgliedstaaten dienen könnte. Man darf gespannt sein!

Quelle: https://www.jugendpolitikineuropa.de

Zum Bericht (49 Seiten in englischer Sprache):